Grieche sucht und findet Schumann

Klavierabend Dimitris Sgouros im Musensaal des Mannheimer Rosengartens - 29. Oktober 1989

31. Oktober 1989 - Mannheimer Morgen

 

Bis aus Wunderknaben am Klavier auch wunderbare Pianisten werden, dauert meistens seine Zeit. Die künstlerische Pubertät will gar kam Ende nehmen, die ungehemmte Virtuosität verlangt nach ihrem Recht - und ebenso ein sensationsgewöhntes Publikum nach seinen Zirkusnummern. Da mußten selbst die Allergrößten lange kämpfen: Emil Gilels harte, wie er sagte, auch ob Vierzigjähriger das wilde Tier in sich noch nicht gezähmt, Vladimir Horowitz, im damals gleichen Alter, kaprizierte sich nach einem Auftritt in New York, Serge Rachmaninows Konzert (es war das über alle Maßen schwere dritte) schneller absolviert zu haben als sein Schwiegervater Toscanini das begleitende Orchester dirigierte.

So gesehen ist der Pianist Dimitris Sgouros schon recht weit: Der mittlerweile zwanzigjährige Athener wächst, was sicher nicht von jedermann erwartet worden ist, zu einem Interpreten von erstaunlicher Statur. Auf der Habenseite konnte Sgouros immer schon auf zweierlei verweisen: eine auch für junge Pianisten ungewöhnlich anschlagsstarke Pranke und ein Auffassungsvermögen, das ihn jede Partitur, ganz gleich, wie lang und kompliziert, in gnadenlos rasantem Zugriff sich einverleiben ließ. Nun aber kommt Entscheidendes hinzu: gestalterische Feinarbeit und sicherer Geschmack. Das Publikum im Musensaal des Mannheimer Rosengartens quittierte dies - trotz einer gar nicht naheliegenden Konzerteröffnung mit Busoni, Liszt, Chopin - durch immer großer werdenden Applaus.

Ferruccio Busonis Konzertvalzer op. 33 a (wie die Symbolismus Epopöen von d'Annunzio etwas schwül und aufgebläht): Dimitris Sgouros spielte ihn mit deutlich mehr Aplomb als beispielsweise Geoffrey Douglas Madge, der ausgewiesene Busoni-Spezialist - und dennoch klar gegliedert, Jeglicher Theaterdonner blieb aufs unabänderliche Mindestmaß beschränkt. In Frederic Chopins „Andante spianato und Grande Polonaise brillante“ Es-Dur op. 22 dann genießerisches, doch nie zögerisches Rasten dort, wo die Musik im ersten Teil am lyrischsten und schönsten ist. Im zweiten eine heftige Entladung, doch auch sie war überlegen disponiert, von sozusagen langer Hand geplant. Die „Reminiscences de Don Juan“ Franz Liszts (von Mozarts „Don Giovanni“ inspiriert) gerieten Sgouros zur subtilen Mini-Oper. Selbst hier noch eine ausgesprochen feine Skala der Dynamik, die technisch nicht zu Überbietendes als - durch, aus angenehme - Nebensächlichkeit er scheinen Muß.

In der zweiten Hälfte des Konzerts, bei Robert Schumanns fis-Moll Sonate, wurde die bis dahin so markante Handschrift von Dimitris Sgouros dann ein wenig unverbindlich und verwischt. Über manche Risse der romantischen Gefühlswelt spielte er ein bißchen forsch hinweg. Und trotzdem wieder Liebe zum Detail etwa in der Arie, die er mit fast „sprechender“ Phrasierung wie ein Lied ohne Worte präsentierte.

Vom wild gewordenen Korrepetitor, als der er noch vor kurzer Zeit sein Publikum verschreckte, blieb in Mannheim nicht viel mehr als die Erinnerung. Der Abenteurer Sgouros wurde zum bemerkenswerten Exegeten. Es hat schon weniger geglückte Überraschungen gegeben.

Hans-Günter Fischer


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 Montag, 15. Oktober 2012 — 20:00h 
 Kongresszentrum Konzerthaus, KARLSRUHE 
 
 Kartenverkauf: 
tickets@nikolaus-spitzer.de ; Kartentelefon 07243 / 9390 - 21
 

Dimitris Sgouros - Deutschland Comeback mit den Mannheimer Philharmonikern

Mannheimer Morgen - Das Interview: Sgouros über seine Wunderkindzeit, sein Konzert in Mannheim - Oktober 2012

Große Kunst und Kunstfertigkeit in Mannheim!

Youtube - Stimmen der Konzertbesucher zum 1. Abo-Konzert 2012/13 - Mannheimer Philharmoniker

 

 

18. Oktober 2012 - Badische Neueste Nachrichten

Wenn das Schicksal eilig pocht

Standardrepertoire in frischer Interpretation: »Finest Classics« im Konzerthaus

[...] Solist für Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 war der griechische Pianist Dimitris Sgouros, der 1982 als Zwölfjähriger unter Karajan bei den Berliner Philharmonikern debütierte, 1986 bei den Schwetzinger Festspielen auftrat... Dirigent Videnoff hatte ihn unter etlichen Interpreten via Youtube ausgewählt. Eine ausgezeichnete Wahl, denn Sgouros haucht diesem Werk, dessen folkloristische Melodien oft verstaubt pathetisch wirken, Leben ein. Nicht nur, dass die virtuosen Oktavgänge und Arpeggien verblüffend locker wirkten - vor allem bestach seine feine Phrasierung und Artikulation. In den Dialogen mit den Holzbläsern etwa, in denen der Pianist deren Phrasen aufgreift, demonstriert er wie man es mit dezentem Rubato und feinen Anschlagsnuancen besser macht.

- Silke Blume

Season Sampler 2012/2013 (Tchaikovsky, Rachmaninov, Mozart)


 


 

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